Bobbie von Falkenstein
Ich bin Roberta Klara Magdalena, „Bobbie“, von Falkenstein, Jahrgang 1905.
Ich wuchs in Falkenstein, einem kleinen Ort in den Bergen, auf. Ich hatte das Glück, dass meine Eltern durch geschicktes Handeln das alte Familienschloss bewahren und mir eine sorglose Jugend schenken konnten. Meine Kindheit und Jugend war durch viele Reisen in Europa und dem Orient geprägt.
Da mein Vater einer der anonymen Sponsoren von Howard Carter, dem Entdecker des Grabes von Tut-Anch-Amun, war, hatte ich die einmalige Chance, 1922 nach der Öffnung des Grabes im Tal der Könige einige der Artefakte zu sehen, bevor sie nach Kairo gebracht wurden.
Dieses Erlebnis prägte mich und ich reiste noch viele Male in das Land am Nil, aber auch in andere Länder, wie Nepal, Ceylon, Kambodscha oder Burma, immer magisch angezogen von heiligen oder besonderen Stätten.
Ich verbrachte unfassbar viel Zeit in unserer Bibliothek, meinem absoluten Lieblingsort auf Falkenstein.
Noch immer habe ich den Geruch der alten Bücher und der Ledersessel in der Nase und höre das Knistern und Prasseln des Kaminfeuers.
Ich habe die alten Reiseberichte von Marco Polo bis hin zu den Büchern von Alexandra David-Néel verschlungen und sie weckten zusätzlich meinen Wunsch, all diese fernen Ländern selbst zu bereisen. Doch wie sollte ich hinkommen? Mit dem Schiff und dann über Land, das dauerte mir zu lange. Ich bin Widder und daher auch nicht gerade geduldig.
Raymonde de Laroche, die 1910 ihren Pilotenschein gemacht hat, hat mich dazu inspiriert, selbst zu fliegen und so konnte ich unabhängig reisen.
Als ich das erste Mal in Ägypten war, zog mich der Suq (Bazar) von Kairo in seinen Bann. Der Khan El-Khalili ist und war der grösste Markt auf dem afrikanischen Kontinent.
Ich kann mich noch gut an die Gerüche von Gewürzen und Kräutern erinnern, aber auch an die Schlachter, die Stände mit Pistazien, den süssen Geruch des Apfeltabaks. An vielen Ständen wurde Weihrauch und Myrrhe geräuchert. In den kleinen Cafés saßen alte Männer und spielten bei einer Tasse Tee Domino oder Backgammon, manche auch Schach.
Ich liess mich treiben und sog die ungewöhnlichen Eindrücke in mich auf. Als ich an einem Stand mit Kartenspielen vorbeikam, fiel mein Blick auf ein besonderes Deck. Der Händler spürte natürlich sofort mein Interesse und meine Neugier und fing mit einem absurd hohen Preis an. Als Begründung jammerte er, dass er 3 Frauen und 11 Kinder durchbringen müsste, aber ich liess mich auf das Spiel ein.
Einige Tassen starken und süssen Pfefferminz-Tees später war er bereit, mir das Deck zu einem vernünftigen Preis zu verkaufen und zeigte mir noch den Weg zurück.
So kam ich zu meinem Tarot-Deck, das noch eine grosse Rolle in meinem Leben spielen sollte.
Meine Leidenschaft für das Reisen, Ägypten und Tarot liess mit den Jahren nicht nach und so war ich wieder 1989 in Kairo. Es war eine mir liebgewordene Tradition, im Fishawi, dem ältesten Cafés der Stadt, Karkade zu trinken, Baklava, Om Ali oder Roz bi Laban zu geniessen, Tagebuch zu schreiben und das Treiben in der engen Gasse zu beobachten.
An einem dieser Tage sass eine junge Frau bei einem Glas Tee. Sie war mir bereits am Vortag aufgefallen, als sie mit einer Gruppe Europäer auch schon im Café war, aber heute kam sie allein. Unsere Blicke trafen sich und aus einem Impuls heraus winkte ich sie zu mir. Wir unterhielten uns lange über ihre Reise.
Ich hatte bei ihr das Gefühl, einer verwandten Seele gegenüberzusitzen und so war sie eine der wenigen Menschen, denen ich je von Tarcania erzählt habe. Die Zeit verflog und als wir uns verabschiedeten, schieden wir als Freundinnen, trotz des Altersunterschieds.
Die wenigen Jahre, die mir noch bleiben sollten, stand ich in regem Austausch mit Ivana, der jungen Frau, die ich in Kairo getroffen habe.
Inzwischen hatte sie selbst die erste Begegnung mit Tarot gemacht, aber noch keinen Zugang zu den Karten gefunden. Daher habe ich beschlossen, ihr meine Tagebücher aus Tarcania zu vermachen, damit sie einen ganz neuen Blick auf die Karten erhält.
Tarcania ist ein verwunschenes Land irgendwo zwischen den Dimensionen, in dem Tarot zum Leben erwacht ist. Die Zeit in Tarcania und die Karten selbst habem mein Leben verändert und ich wünschte mir für Ivana genau dieselbe Erfahrung.
Und wenn sie die Zeit für reif hielt, dann soll sie meine Geschichte und meine Erlebnisse in Tarcania veröffentlichen.
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